Anfang April kehren die Uferschnepfen aus ihren Winterquartieren zurück und treffen in den Feuchtwiesen rund um den Dümmer ein. Aufgrund der vorhandenen Infrastruktur für Fahrzeuge, kann man in diesen Tagen die Uferschnepfen im Ochsenmoor, südlich des Sees, besonders gut beobachten und fotografieren. Mit einer langen Brennweite kommt man aus dem Auto heraus zu sehr guten Ergebnissen. Die Vögel sind die Fahrzeuge gewohnt, weshalb sie sich sehr gut als „mobile Tarnzelte“ eignen.
Die ersten warmen Tage versetzen die Schnepfen in Balzlaune und die Revierstreitigkeiten beginnen. Die etwas höher gelegenen und trocknen Bereiche der Wiesen gelten als bevorzugte Brutplätze, für die es sich zu streiten lohnt. Um einen Revierstreit zu fotografieren, ist es nötig, die Vögel länger zu beobachten. So ein Streit deutet sich an und baut sich langsam auf, ganz wie im richtigen Leben. Die Männchen drohen einander und wie auf ein unsichtbares Zeichen hin, beginn plötzlich ein wilder Streit. Dabei versucht ein Vogel die Lufthoheit zu erlangen und oberhalb des anderen zu fliegen. Von dort stürzt er sich herunter und attackiert den Vogel ihm mit seinem langen Schnabel und den Füßen. So ein Duell dauert manchmal nur den Bruchteile einer Sekunde und ein anderes Mal einige Minuten.
Diese blitzschnell auftauchenden und unberechenbaren Situationen sind eine Herausforderung für den Autofokus und Fotografen. In der Vergangenheit habe ich bevorzugt mit dem kontinuierlichen Autofokus (AF-C) und dem AF-Modus „Dynamisch mit 9 Messfeldern“ gearbeitet. Mit dem Cursor der Kamera kann man die Messfelder als Gruppe positionieren. Befindet sich in dem abgedeckten Messfeld jedoch kein Objekt, so landet der Autofokus in der Regel auf dem Hintergrund. Ich hatte mit der Nikon D5 auch schon wiederholt Versuche mit der Messmethode „3D-Tracking“ unternommen, jedoch überzeugten die Ergebnisse mich nicht. In diesem Jahr probierte ich mit der neuen Nikon D6 erneut die das „3D-Tracking“ aus und war überrascht und begeistert von der Zuverlässigkeit und Präzision der Bildergebnisse bei bewegten Motiven. Bei dieser Methode wird ein deutlich größeres Feld abgedeckt und die Kamera erkennt sehr zielgerichtet, wenn sich ein Objekt in dem Messfeld befindet bzw. bewegt.
Verbunden mit der Frage nach dem Autofokus, stellt sich bei derartigen Motiven immer auch die Frage nach der Bildgestaltung. Wo sollen die Vögel im Bildaufbau positioniert werden? Ehrlich gesagt ist das eine Frage, die ich später bei der Bildbearbeitung beantworte. Von den Sportfotografen habe ich gelernt, dass man zunächst einmal die Situation scharf einfangen sollte. Ohne gute Schärfe ist ein solches Bild wertlos. Da mir intuitiv die besten „Treffer“ in der Mitte gelingen, richte ich meine Arbeitsweise danach aus. Auch wenn der Bildaufbau in der Originalaufnahme nicht optimal ist, so ist eine scharfe Aufnahme mit Raum an allen Seite eine sehr gute Ausgangssituation für die Bildbearbeitung und spätere Nutzung.
Außerdem ist der Bildaufbau zu einem nicht unerheblichen Maße von der späteren Verwendung abhängig. Die Verwendung jedoch, ist zum Zeitpunkt der Aufnahme in den allermeisten Fällen jedoch nicht klar. Daher erstelle ich von geeigneten Fotografien oftmals unterschiedliche Zuschnitte, die für eine bestimmte Form der Nutzung jeweils bessere Voraussetzungen mitbringen. Beim obere Foto zum Beispiel sind die Uferschnepfen in der Mitte des Bilder platziert. Der Bildredakteur hat links und rechts der Vögel Raum, um auf einer Doppelseite einen Titel und ein Textfeld einzufügen. Auch wäre ein Ausschnitt im Hochformat möglich. Dieser ist beim zweiten Bild schon von vornherein im kompakten 4:5 Format gewählt. Sollte ein Titelbild gezielt gesucht werden, so wird oftmals das passende Format gleich vorausgesetzt. Daher ist es sinnvoll von titeltauglichen Motiven auch ein Hochformat zu entwickeln. Für eine Fotoausstellung oder einen Druck im Buch, würde ich einen etwas engeren Ausschnitt bevorzugen, dabei kommt das 2:3-Format (drittes Bild) ebenso in Frage wie das Quadrat (viertes Bild).
Dieser kleine Exkurs zeigt, dass es sich lohnt, beim Zuschnitt des Bildes, verschiedenen Nutzungsformen mitzudenken.